Wir berichten regelmässig über Entwicklungen aus dem Bundesgericht. Vorliegend zu einem für Buchführungspflichtige wichtigen Entscheid an der Schnittstelle von Handels- und Steuerrecht.

Im Entscheid 2C_1059/2019 vom 01. Dezember 2020 (Link) beschäftigte sich das Bundesgericht mit der Abgrenzung handelsrechtlich zulässiger von steuerrechtlich akzeptierten Rückstellungen. Nicht alle handelsrechtlich zulässigen Buchungen werden auch steuerrechtlich akzeptiert. Ferner müssen Buchungen aufgrund des im Steuerrecht geltenden Periodizitätsprinzip grundsätzlich in derselben Geschäftsperiode verbucht werden, in der sie auftreten. Dementsprechend müssen zur steuerrechtlichen Anerkennung Rückstellungen in der Regel gebildet werden, sobald sie notwendig werden. Andernfalls besteht die Gefahr einer steuerlichen Korrektur.

Wie das Bundesgericht in Erwägung 3.1.1. ausführt, ist abgaberechtlich vom Handelsrecht auszugehen. Namentlich bilden die Regeln zur kaufmännischen Buchführung und Rechnungslegung (Art. 957 ff. OR) die Grundlage der steuerlichen Veranlagung von Gewinn- und Kapitalsteuern. Für Einzelunternehmen und Personengesellschaften gilt dasselbe für die Einkommens- und Vermögenssteuern. Das Massgeblichkeitsprinzip findet in Art. 58 Abs. 1 lit. a und Art. 18 Abs. 3 DBG eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Infolgedessen bildet die handelsrechtskonform erstellte Jahresrechnung den Ausgangspunkt für die steuerliche Bemessung von Gewinn und Kapital. Sie bindet sowohl die Veranlagungsbehörde als auch die steuerpflichtige Person. Vorbehalten bleiben Korrekturen aufgrund besonderer Vorschriften, mit welchen das Abgaberecht bewusst vom Handelsrecht abweicht.  

Echte Rückstellungen oder Rückstellungen im engeren Sinn sind Rückstellungen für im Geschäftsjahr bestehende Verpflichtungen mit noch unbestimmter Höhe oder für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. Echte Rückstellungen werden steuerrechtlich grundsätzlich anerkannt. Demgegenüber ist bei unechten Rückstellungen Vorsicht geboten, weil das Handelsrecht gewisse Willkürreserven zulässt, während das Steuerrecht diese nur begrenzt im Rahmen von Art. 29 Abs. 1 lit. c DBG anerkennt. Folglich können handelsrechtlich bspw. nicht mehr notwendige Rückstellungen beibehalten werden. Steuerrechtlich ist eine Korrektur demgegenüber zwingend notwendig.

Für Unternehmen und andere Buchführungspflichtige ist insbesondere der Hinweis des höchsten schweizerischen Gerichts in Erwägung 4.2.1 wichtig. Gemäss einer Lehrmeinung gilt die Verbuchung unechter Rückstellungen (stille Reserven) gegebenenfalls gar als Versuch einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung. Dies lässt auf eine zukünftige Verschärfung der Bundesgerichtspraxis schliessen und Steuerpflichtige sollten die Buchungspraxis im Zusammenhang mit handelsrechtskonformen stillen Reserven überprüfen.

Der vorliegend besprochene Entscheid aus dem Bundesgericht verdeutlicht die steuerlich wichtige Unterscheidung echter und unechter Rückstellungen sowie die zeitlichen Grenzen der Bildung.

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